Montag, 26. September 2016

Beschwerde bei Landrat

                                            Bürgerinitiative
                           Verkehrsbelästigung  Schiefbahner  Norden
                                            Internet:  http://verkehr-schiefbahner-norden.blogspot.de


Ideen- und Beschwerdestelle Kreis Viersen                                 Ralf  Lück                                                                                                          
Rathausmarkt 3,                                                                           Willicher Str. 55                                                                             
41747 Viersen                                                                               47877 Willich                                                                       

                                                                                                      Schiefbahn,30.07.2016


Per email


Beschwerde und Fragen zu dem  Bauvorhaben 44S der Stadt Willich .

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Stadtteil Schiefbahn der Stadt Willich hat schon seit Jahrzehnten ein Verkehrsproblem. Parteien und Verwaltung suchen  bisher vergeblich nach  Verkehrsentlastungsmöglichkeiten.

Die RP berichtete schon am 28.03 2008 über Äußerungen der CDU zu Verkehrsproblemen in Schiefbahn:  Besonders kritische Punkte sind hierbei die Hochstraße und die Korschenbroicher- Straße in Schiefbahn. Das Straßennetz stamme aus dem 19. Jahrhundert. Für die Antragsteller ist das bisherige Modell der Verkehrsplanung – die Konzentration der Verkehre auf die Hauptverkehrsstraßen fragwürdig. Es sei "zu berücksichtigen, ob den Anwohnern der Hauptverkehrsstraßen angesichts der massiven Verkehrsverdichtung nicht auch eine Entlastung zusteht", heißt es schon dort. Bis heute gebe es noch nicht einmal eine Umsetzungsplanung der Verwaltung für den Verkehrsentwicklungsplan aus dem Jahr 2005.

Leider wurden seither keinerlei Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur vorgenommen. Der Verkehr hat seither drastisch zugenommen. Durch die im Betreff bezeichnete geplante Bebauung wird das Verkehrsproblem weiter verschärft. Alle Parteien haben noch  2013 versichert, keinen weiteren Baumaßnahmen in Schiefbahn zuzustimmen, ohne gleichzeitig für eine entsprechende Verkehrsentlastung  zu sorgen.

Schon 2003 wurde versucht, das Baugebiet in Schiefbahn zwischen der Korschenbroicher Straße, der Willicher Straße und dem Rubensweg (auch Schiefbahner Dreieck genannt) für eine Bebauung zu nutzen. Es stellte sich jedoch immer wieder als unwirtschaftlich heraus, da die wichtige Bedingung für eine Bebauung die Errichtung eines teuren Lärmschutzwalls war und mehr denn je heute ist.

Weiterhin spielt die Lösung des Verkehrsproblems an dieser Stelle eine wichtige Rolle.
2013  wurde offiziell der Beginn der Bauleitplanung  44S verkündet.  Verwaltung und Parteien sprachen davon,  dass die Planung ergebnisoffen durchgeführt werde. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Grundstücksgesellschaft der Stadt Willich ungeachtet dieses Versprechens bereits Verträge mit den Grundstücksbesitzern unterschrieben.

Im Juni 2013 wurde unsere Bürgerinitiative gegründet.  Wir haben zurzeit 450 Unterstützer. Wir wollen, dass eine Bebauung  nur durchgeführt wird,  wenn gleichzeitig eine Verbesserung der Verkehrssituation  für die von den betroffenen Straßen  Hochstraße, Willicher Straße, Tupsheide und Wallgraben erreicht wird.
 
Dies wurde uns auch so von allen Parteien noch zur Kommunalwahl 2014 versprochen.

Im Zuge der weiteren Planung stellte sich jedoch auch heraus, dass die Bebauung ökologisch und wirtschaftlich problematisch ist und wir deshalb die Bebauung  grundsätzlich, und dies heute besonders, strikt ablehnen.

Mit der Mehrheit des Rates von CDU und SPD wurde jetzt die Satzung entschieden, obwohl  noch viele Unklarheiten bestehen und für uns Bürger nicht nachvollziehbare Kompromisse gemacht wurden.

Die Obfrau der SPD brachte dies in einer Planungsausschusssitzung auf den Punkt mit der Aussage: „Wir haben einmal A gesagt jetzt müssen wir auch B sagen“

Im Einzelnen fragen wir:

Für den Haushalt 2016 wurden  im November 2015 alle Ausgaben für die Bebauung bis auf Ausgaben für Planungszwecke mit Sperrvermerk belegt.  Trotzdem wurden im Dezember 2015  fast 1 Million Euro für den Kauf der Grundstücke ausgegeben, obwohl schon da die Gefahr abzusehen war, dass der Haushalt 2015 überzogen werden musste und damit der Haushalt 2017 dem Kreis zur Prüfung vorgelegt werden muss. Einen offiziellen Ratsbeschluss zur Freigabe der Ausgaben hierzu gibt es bis heute nicht. 

Frage: Wenn ein Sperrvermerk in einer Haushaltsdebatte festgelegt wurde, muss dann nicht auch aus Ihrer Sicht dieser wieder durch einen offiziellen Ratsbeschluss aufgehoben werden?


Das Schalltechnische Gutachten beruht auf einem Verkehrsgutachten von 2014, das auch vom Landesbetrieb Straßen NRW Niederlassung Niederrhein bemängelt wird.  Das Gutachten ist unvollständig und in Teilen falsch. Es fehlt eine Abweichungsanalyse der Stichprobenuntersuchung und eine Aussage zur zukünftigen Verkehrsentwicklung. Damit  ist auch das schalltechnische Gutachten falsch, welches auf diesen Zahlen basiert. Wir fordern eine Korrektur der Gutachten, um sicher zu stellen, dass entsprechende Lärmschutz-maßnahmen geplant werden.

Frage: Ist es richtig, wenn wir fordern, dass ein Schallgutachten wiederholt werden muss, zumal sogar der Landesbetrieb NRW die Aussagen des Verkehrsgutachtens  bemängelt?


Ziel der Vermarktung war es, jungen Familien bezahlbare Grundstücke zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig einen Kreisverkehr zu finanzieren. Auf Grund unserer Nachfrage wurden zwei Wirtschaftlichkeitsanalysen durchgeführt. Die erste fehlerhafte Prüfung ergab, dass die Grundstücke für 280 €/m² verkauft werden müssten. In einer zweiten Prüfung musste zugegeben werden, dass sich das Projekt nur mit 330 €/m² rechnen würde.
In der Privatwirtschaft würde auf Grund fehlender Wirtschaftlichkeit das Projekt verworfen. Der  rechnerische Überschuss beträgt nur 6%, wobei Planungskosten der Verwaltung  und Zinskosten rechnerisch noch nicht berücksichtigt wurden.
Hinzu kommt,  dass nur durch die Kommunalabgaben von 300.000 Euro für derzeitige Anlieger überhaupt nur noch ein rechnerischer Überschuss ausgewiesen werden kann.  Ob 330 €/m² zu erzielen sind, ist äußerst zweifelhaft, da BORIS NRW für 2015 nur 210 €/m²  ausgewiesen hat.


Das Bauleitverfahren ist abgeschlossen worden, obwohl eine Satzung zur Festlegung der Grundstückspreise immer noch offen ist. Das liegt daran, dass man auf der einen Seite das Ziel verfehlt hat, mit 330 €/m² bezahlbare Grundstücke zu Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite will man mit  der Festlegung niedrigerer Grundstückpreise vermeiden, die vorher nicht kalkulierten, realen Kosten auf den Willicher Bürger und Wähler ab zu wälzen. Auch deshalb wurde eine Entscheidung im Rat immer wieder vertagt.

Frage: Ist es rechtens, ein Bauleitverfahren abzuschließen, ohne vorher die Grundstückspreise explizit festgelegt zu haben?

Es ist weiter vorgesehen, den Kreisverkehr und den Lärmschutzwall durch den Verkauf der Grundstücke zu finanzieren. Die Kommunalabgaben von 300.000 € entstehen ebenfalls nur auf Grund der geplanten Bebauung. 

Fragen: Wäre es nicht folgerichtig, wenn der Ausbau des relevanten Teils der Willicher Str. auch über die Grundstückspreise finanziert würde, anstatt die durch den Mehrverkehr ohnehin schon belasteten und verärgerten Anwohner zu belangen? Dies würde jedoch die Grundstückspreise noch weiter erhöhen, was man vermutlich verhindern will.
Könnten die Anwohner das verlangen? Wo kann man sich dazu erkundigen?


Der Lärmschutzwall an der geplanten Neubebauung entlang der Korschenbroicher Straße ist aus Kostengründen nur 4 m hoch geplant, obwohl ein schon bestehender Wall auf dieser gesamten Straße immer mindestens 6 m hoch ist. Bei einem 6 Meter hohen Lärmschutzwall würde die Wirtschaftlichkeit der Planung und damit die Kosten vollends aus dem Ruder laufen. Von Bauwilligen an dem Lärmschutzwall wird deshalb verlangt, Schallschutzmaßnahmen zusätzlich durchzuführen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass  man sich, da man „im Grünen“ gebaut hat, auch oft draußen aufhält. Der Umweltbericht der Stadt weist auf hohe Schadstoffemissionen vor allen Dingen durch die Korschenbroicher Straße hin. Messungen sind nicht bekannt. Es fehlt ein Hinweis im Text des Auslegungsplans.

Fragen: Darf man aus Kostengründen solch umweltfeindliche Entscheidungen treffen? Muss hier nicht vorher auch ein Gutachten zum erwarteten Schadstoffgehalt an der Korschenbroicher Str. mit derzeit ca. 18.000 Fahrzeugen/ Tag durchgeführt werden?


Viele Antworten auf die Äußerungen der Öffentlichkeit im Rahmen des Bauleitverfahrens der Verwaltung sind  teilweise falsch und unvollständig, da häufig nur Textbausteine verwendet werden. Es wird aufgeführt, dass nur teilweise Bedenken ausräumt wurden. Es fehlt außerdem die konkrete Aufzählung, welche Bedenken dies sind.
Frage: Wie und wo kann man verlangen, dass Falschaussagen korrigiert und die angeblich ausgeräumten Bedenken benannt werden?


Im Rahmen der 2. Stufe zur Umsetzung  der EU-Umgebungslärmrichtlinien und der damit verbundenen Lärmaktionsplanung hat sich gezeigt, dass im Kern von Schiefbahn ein akuter Verbesserungsbedarf der innerörtlichen Lärmsitutation besteht.  Neue Baugebiete erhöhen diese Problematik. 

Frage: Müssen auf Grund der EU- Lärmschutzrichtlinie nicht auch Bauleitpläne auf deren Auswirkung geprüft werden?



Wir hatten eine Folgekostenrechnung für die Bebauung  gefordert. Dies wurde  jedoch abgelehnt.
Frage: Normalerweise werden bei solch großen Projekten Folgekostenrechnungen aufgestellt. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass eine solche Rechnung aufgestellt werden müsste?

Insgesamt sind wir der Meinung, dass, wenn festgestellt wird, mit der Entscheidung A einen Fehler gemacht zu haben, man keinesfalls auch B sagen muss.




Wir  hoffen, dass Sie uns und anderen Bürgern und Wählern der Stadt Willich akut helfen können Schaden zu verhindern und danken für eine rasche Beantwortung unserer Fragen im Voraus.


Mit freundlichen Grüßen
für die Bürgerinitiative Verkehrsbelästigung Schiefbahner Norden


Ralf Lück